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"Sie haben übergewicht!"
lautete die fatale feststellung.
Na so was, dachte ich. Zwei wochen hatte ich sogar gefastet,
bis ich merkte, daß doch ein größerer tauchanzug
notwendig war. Dazu kamen noch die zweite unterwasserkamera und
viele kleinigkeiten, welche vor einem jahr noch nicht in das
reisegepäck mußten.
"Ihr reisegepäck
hat über dreißig kilo." wiederholte die dame
beim check-in am flughafen. Als ob ich das nicht selbst wußte!
Aber außer der zahnbürste, zwei badehosen, einige
t-shirts, socken, unterhosen und ach ja, das stativ, befand sich
wirklich nur das allernotwendigste tauch- und fotozeug im gepäck.
"Ich kann es nicht ändern,"
erwiderte ich und fragte, ob für das übergewicht gezahlt
werden muß. Die freundliche dame tippte an ihrer computertastatur
herum und blickte auf den monitor.
"Sie haben glück, daß die anderen fluggäste
etwas sparsamer im gepäck sind. Ich wünsche ihnen einen
guten flug."
Mir fiel ein stein vom herzen. Nicht jede fluggesellschaft ist
so kulant. Aber verständlicherweise darf hier für deutsche
charterfluggesellschaften keine werbung gemacht werden.
Ich flog also wieder zum roten
meer! Dieses mal nach shams safaga, einem feriendorf etwa vierzig
kilometer südlich von hurghada. Der entschluß fiel
mir nicht leicht. Weniger wegen der damaligen gemeinen attentate
islamischer extremisten, wodurch viele touristen ägypten
fernblieben. Aber ich war sicher, daß ein kleines, aber
gut bewachtes feriendorf abseits des großen tourismusstromes
am nil kein spektakuläres angriffsziel für diese extremisten
darstellte. |
Meine wahl schwankte zwischen
safaga und sham el sheik. Entscheidend war das preis - leistungsverhältnis
dieser beiden orte. Und in bezug auf unterwasserwelt konnte ich
mir ohnehin keine steigerung im vergleich zu hurghada vorstellen.
Endlich erreichte das flugzeug
die küste afrikas. Dunst und staub beeinträchtigten
die sicht nach unten, und die wüstenaufnahmen, vom flugzeug
aus gemacht, wanderten nach meiner heimkehr als erste in den
papierkorb. Nach der landung gab es eine große überraschung.
Am flughafen von hurghada war innerhalb eines jahres ein völlig
neues, großes abfertigungsgebäude regelrecht aus dem
boden gestampft worden.
Bei der ankunft merkte man
nichts von der sprichwörtlichen orientalischen hektik, und
nach nur zehn minuten (!) abfertigungszeit stand ich vor der
tür. Als ich das angenehm kühle gebäude verließ
und den über dreißig grad heißen wüstenwind
einatmete, kam mir der koffer noch viel schwerer vor. So wehrte
ich mich gar nicht gegen die aufdringlichen gepäckträger,
denn mit diesem ballast konnte keiner so leicht davonlaufen.
Der fünfunddreißig kilo schwere koffer mußte
von zwei mann auf das autodach gehoben werden. Dabei rollten
die augen der braven muslims ordentlich hin und her.
Am zielort wiederholte sich
diese zeremonie noch einmal, und man erwartete entsprechend "schweres"
bakschisch. Jetzt aber ganz schnell zur tauchbasis. Trotz meiner
eile bemerkte ich dieses mal sehr wohl das viele grün von
bäumen, blühenden sträuchern und den gepflegten
Rasen. Um diese pracht zu erhalten, gab es ein raffiniertes bewässerungssystem,
wobei das wasser mittels verzweigter schläuche unmittelbar
zu den wurzeln der pflanzen geleitet wurde. Nach der vierzig
kilometer langen wüstenfahrt hierher fühlte ich mich
wie im paradies. |
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Um drei uhr nachmittags kam
ich bei der tauchbasis an. Die türen waren verschlossen.
Das darf doch nicht wahr sein, dachte ich und überlegte,
was ich nun tun sollte. Eigentlich war mir schon vorher aufgefallen,
daß kaum feriengäste zu sehen waren. Ein älterer
herr versuchte bei totaler flaute zu surfen, zwei leute lagen
unter sonnenschirmen am strand, fünf kellner lungerten in
der strandbar herum, und sonst sah ich keine menschen.
Etwas enttäuscht blickte
ich herum, als mich eine resche frauenstimme ansprach:
"Willscht du tauchen? Gell, du bischt neu hier! Ich heische
Lydia, und wer bischt du?"
Aha, dachte ich. Alles wieder bestens in deutschen händen!
Ich wurde diesmal also von
einer netten deutschen aus dem allgäu in empfang genommen.
Nach den üblichen formalitäten - ärztliches attest,
tauchbuch mit bereits fünfzehn (!) eintragungen - erzählte
mir Lydia einiges über die unterwasserwelt bei safaga. Auch
hier lagen die riffe etwa eine halbe bis zwei bootstunden vom
ufer entfernt. Mit begeisterung erzählte ich von meinem
vorjährigen aufenthalt in hurghada. |
"Ach in hurghada warscht
du. Aber da ischt ja schon schoviel kaputt. Hascht du das nicht
bemerkt?"
Wie konnte ich ohne entsprechenden vergleich.
Inzwischen kamen die ersten
tauchboote von den ausfahrten zurück. Die tauchbasis füllte
sich mehr und mehr mit taucherlatein. Ich wurde mit viel hallo
begrüßt, und jemand sagte: "Heute haben wir endlich
einen hai gesehen!"
Ich mußte bei dieser bemerkung unwillkürlich schlucken
und versuchte, möglichst gelassen zu bleiben.
"Wie groß denn?" wollte ich wissen.
"Vielleicht ein meter", war die ernüchternde antwort.
Immerhin war ich bisher keinem hai begegnet und wußte nicht,
wie ich dabei reagieren würde. Es gab noch viel zu erzählen,
und wenn davon auch einiges übertrieben klang, wurde mir
dennoch klar, daß safaga das wirkliche tauchparadies sein
sollte. |