der erste tauchunfall
 

Es mußte ja einmal passieren! Täglich zwei tauchgänge von je einer stunde dauer, kein ruhetag und das bereits eine woche lang.
"Das hält der stärkste neger nicht aus!" sagten meine tauchunkundigen freunde, als ich später von diesem "unfall" berichtete.

Es geschah ausgerechnet beim letzten tauchgang. Wir machten einen eher gemütlichen abschiedstauchgang durch die wunderbare unterwasserwelt bei giftun - khebir, als ich merkte, daß mir in meinem nur vier millimeter "schicken" tropentauchanzug kalt war. Ich mußte unwillkürlich an niesen denken und überlegte, wie dies unter wasser wohl funktionieren würde. Da geschah es auch schon. "Hatschi!" und noch einmal kräftig geniest. Es funktionierte! Auch das aushusten des dabei geschluckten wassers ging problemlos. Ich blickte auf uhr und tiefenmesser.

Wir tauchten in etwa zehn meter tiefe. Der luftvorrat ging bereits zu ende, und der film war auch schon ausgeknipst. Daher gab ich helmut zu verstehen, daß ich auftauchen wollte. An bord des tauchbootes entledigte ich mich gleich des naßkalten tauchanzuges. Nochmals "hatschiii", und da passierte es.

Erst unmerklich, aber von minute zu minute stärker bekam ich kopfschmerzen. War ich zu schnell aufgetaucht? Aber wir tauchten doch nur in zehn meter tiefe, und eine dekompression ist dabei nicht erforderlich. Der schmerz konzentrierte sich an einer ganz bestimmten stelle im kopf, in der stirnhöhle. Ich hatte das gefühl, als wäre darin eine bombe explodiert, und der druck kann nicht heraus. Vielleicht sollte ich doch zurück in das wasser und wiederholt langsam auftauchen. Jedoch befanden sich schon alle taucher an bord, und wir fuhren bereits in richtung festland.

 

 

Schließlich wandte ich mich an Herbert.
"Ja, ja" sagte er, "das passiert jedem einmal!"
Soviel trost hatte ich nicht erwartet!
"Lege dich in die sonne, und in ein paar minuten ist es vorbei".
Und so war es dann auch. Ein typischer fall von verstopfter stirnhöhle, wobei der druckausgleich beim auftauchen nicht zur gänze erfolgen kann. Nach wenigen minuten fühlte ich, als würde in meiner stirnhöhle auf einmal die öffnung eines prall gefüllten luftballons freigegeben. Mit zischendem laut entwich die unter druck stehende luft aus der stirnhöhle, und augenblicklich war der schmerz vorbei.

An diesem letzten abend saß ich noch lange bei meinen tauchfreunden. Diesmal tranken wir etwas wirklich erfrischendes in diesem heißen wüstenland: Bier! Gutes, kühles und vor allem billiges ägyptisches bier. Eine flasche kostete damals kaum zehn schillinge. Jedoch blieb es nicht nur bei einem bier, und die dadurch losgelöste konversation nahm ihren gewohnten lauf.

Herbert und ich ließen unsere erlebnisse unter wasser revue passieren. Auch er tauchte zum ersten mal hier im roten meer. Das einzig bedauernswerte war die tatsache, keinen hai gesehen zu haben. Doch dafür waren die übrigen fische so groß, die korallen soo schön und das wasser sooo blau! Einige neuankömmlinge erschienen in der tauchbasis und betrachteten uns teils kopfschüttelnd, teils mit mitleidsvollem blick.

Eva hatte Herbert bei den tauchausfahrten immer begleitet. Sie selbst konnte noch nicht tauchen. Doch auch beim schnorcheln erhielt sie einen wunderschönen einblick in diese unterwasserwelt. Feierlich versprach sie, nächstes jahr ihren tauchschein zu erwerben. Sie hat ihr versprechen gehalten.

So endete mein erster großer tauchurlaub am roten meer mit dem wunderbaren gefühl, eine welt kennengelernt zu haben, von welcher ich bisher in dieser schönheit und großartigkeit nicht zu träumen wagte. Dieser aufenthalt bescherte mir einige der schönsten stunden in meinem leben. Ich bin allen dankbar, welche dies ermöglichten.

 

  Es ist mir aber in diesen tagen auch klar geworden, daß der mensch unter wasser keine selbstverständlichkeit ist. Tauchen mit gerät ist kein leichtes und risikoloses massenvergnügen, wie viele andere sportarten. Die fortschreitenden verbesserungen an den geräten haben das tauchen, zumindest aus technischer sicht, fast hundertprozentig sicher gemacht. Jedoch steht der menschliche organismus im wasser unter erhöhtem druck. Sowohl physisch, als auch psychisch.

Es seien alle verwegenen abenteurer gewarnt, welche tauchen in eigenregie durchführen und erleben wollen. Die vorgänge im körper sind sehr komplex und können bei nichteinhaltung der leicht begreiflichen grundregeln, nachhaltig gefährlich sein.

Ich möchte aber mit diesen bemerkungen keinesfalls das tauchen als erlebnis für eine "gehobene clique" bezeichnen. Jeder neueinsteiger ist willkommen.

Aber bitte zuerst auf die schulbank!

 

 © 2000 e.pokorny