eine verhängnisvolle panne
  Ich möchte ihnen gegenüber, geschätzte leserinnen und leser, ganz offen und ehrlich zugeben: Ich habe nur deshalb tauchen gelernt, um unter wasser fotografieren zu können. Nicht, weil es über wasser keine motive mehr gibt, sondern die vielfalt der formen und farben unter wasser, und auch der reiz des neuen haben mich dazu verleitet. Das abenteuer unterwasserfotografie begann für mich im schwimmbad. Das heimische badezentrum war sozusagen mein erstes trainingslager. Jedoch die ersten trainingsergebnisse waren ernüchternd. Ich mußte zur kenntnis nehmen, daß wasser beim fotografieren eigenschaften hat, mit denen ich bisher nicht konfrontiert war. Und so waren bei den ersten aufnahmen "verstümmelungen" an der tagesordnung.
 

 

Als ich diese schwierigkeiten einigermaßen überwunden hatte, war der nächste problemkreis: bewegung unter wasser. Das gewohnte kommando - stillhalten und lächeln - ist unter wasser nicht anwendbar. Also wurde mir klar, daß für aufnahmen unter wasser ein blitzlichtgerät notwendig ist.

Und mit dieser "weisen" erkenntnis begann die größte schwierigkeit.

Im vergleich zu luft hat wasser eine etwa siebenhundertsiebzigfach größere dichte. Die hauptkonsequenz dieser physikalischen tatsache ist die sichtweite, welche im wasser eben siebenhundertsiebzigfach geringer ist, als in der luft.

Eine weitere unangenehme konsequenz ist die größe der in jedem gasförmigen oder flüssigen medium enthaltenen festen schwebeteilchen. Diese können hier, wegen des größeren auftriebes unter wasser, ebenfalls siebenhundertsiebzig mal größer sein.

Diese trübungsteile, welche auch im klarsten wasser enthalten sind, machen blitzlichtaufnahmen unter wasser zu einem lotteriespiel. Das ergebnis sieht man erst am entwickelten film.
Doch letztendlich zählt das bild, mit oder ohne blitz, mit oder ohne schwebeteilchen. Auch diese können manchmal zur bildgestaltung herangezogen werden.
 

 

Ich war vom fotografieren unter wasser so besessen und bemerkte erst nach dem zehnten film, daß der unterwasserblitz falsch eingestellt war.

Bei dieser feststellung kam für mich der augenblick, in dem ich den weltuntergang heraufbeschwor.
"Lebst du noch?" hörte ich in weiter ferne die stimme von Herbert. "Du machst ja ein gesicht wie eine leiche mit offenen augen!"

Herbert und seine reizende frau Eva lernte ich damals in hurghada kennen. Sie waren ebenfalls österreicher, aus salzburg. Herbert war ein tauchroutinee in besten jahren. Er half mir damals sehr, meine spärliche tauchpraxis zu verbessern. Wir waren beide einander sehr ähnlich. Ich war nie ein redekünstler und bin es bis heute nicht geworden. Bei Herbert verhielt es sich zumindest bei unserer ersten begegnung ähnlich. Die konversation fand deshalb hauptsächlich mit seiner frau Eva statt. Diese art der unterhaltung war für mich nicht neu. Schon meine eltern pflegten diesen stil, und gemäß dem gesetz der serie ist es meine frau Herlinde, welche meistens die gespräche mit gästen führt.

Ich weiß nicht mehr, wie nach dieser fatalen feststellung mein normales denken wieder gekommen ist. Als erstes machte ich eine wahrscheinlichkeitsrechnung, wieviel fotos auf grund dieser tatsache nichts geworden waren.

Dabei hatte ich alles so gut vorbereitet! In mühevoller vorarbeit wurden im hallenbad probeaufnahmen mit allen möglichen kameraeinstellungen gemacht. Daraus entstanden korrekturwerte für die belichtung von mischlichtaufnahmen , und so weiter. Sollte das alles umsonst gewesen sein? Ich hatte noch vier filme und zwei tauchtage! Das war mein zweiter gedanke. Also galt es zu retten, was ich retten konnte.

Bei den Aufnahmen dieser letzten filme achtete ich peinlich genau auf richtige einstellung von belichtung und blitz. Diese unbedingte notwendigkeit darf nicht "routinesache" werden, da jede aufnahme genau überlegt werden muß. Dies ist auch der grund, warum ich von belichtungsautomatik überhaupt nichts halte.

Das fotografieren unter wasser ist mit dem an land sehr unterschiedlich. Abgesehen von der physikalischen tatsache der "blaufärbung" durch die lichtabsorption unter wasser, erfordern die ständig wechselnden lichtverhältnisse doch einiges know how bei der unterwasserfotografie. Der gewohnte grundsatz - hab' sonne im rücken und blende elf - ist unter wasser eben nicht anwendbar. Auch die belichtungsautomatik ergibt nur nahe der wasseroberfläche zufriedenstellende ergebnisse.

Die fotoausbeute dieser tauchreise hatte mich einigermaßen zufriedengestellt, das heißt nur etwa fünfzig prozent ausschuß. Das ist für die unterwasserfotografie normal. Auf grund früherer erfahrungen hatte ich ein schlechteres ergebnis erwartet. So konnte ich mit dieser ausbeute doch meinen ersten diavortrag "unter wasser" zusammenstellen.

Ganz besonders erfreulich war der umstand, daß ich im darauffolgenden jahr - also bereits nach meiner zweiten tauchreise zum roten meer - von Herbert eingeladen wurde, diesen vortrag in salzburg zu zeigen. Das publikum bestand durchwegs aus erfahrenen tauchern. Unter ihnen befand sich auch herr doktor Moosleitner, welcher mit der unterwasserfauna sehr vertraut ist.

Für meinen vortrag war er zu vertraut, was sich bei dem anschließenden gespräch herausstellte. Sehr freundlich und nachsichtig für mein spärliches fachwissen bemühte er sich, diverse ungereimtheiten meines vortrages zu korrigieren. Dieses sehr fruchtbare gespräch hatte zur folge, daß ich das manuskript vollkommen überarbeiten mußte. Ein trost für mich war, wieder etwas dazugelernt zu haben.

 

 © 2000 e.pokorny