wenn einer eine reise tut
 

Ach, wie beneide ich menschen, welche ihre erinnerungen noch viele jahre danach mit spannenden und wohlgeformten worten wiedergeben können. Leider wurde mir diese wunderbare gabe nicht in die wiege gelegt. Obwohl mein erinnerungsvermögen in bezug auf reisen eigentlich sehr gut ist, gelingt es mir schwer, dieses mit worten oder sogar durch eine erzählung wiederzugeben. Deshalb nehme ich auf reisen immer einen fotoapparat mit, um dieses manko in form von bildern auszugleichen.

Im laufe weniger jahre wurde aus dieser gelegenheits-
knipserei ein ernsthaftes hobby. Ab 1974 begann ich, mich intensiv mit der fotografie zu beschäftigen. In diesen jahren wurde der fotomarkt mit einer flut von erschwinglichen spiegelreflexkameras mit zugehörigen wechselobjektiven und sonstigem schnick - schnack überschwemmt. Diese flutwelle erfaßte auch mich und ließ das nettogewicht meiner ausrüstung inklusive vergrößerungsapparat und zubehör auf etwa zwanzig kilo ansteigen.

Gemeinerweise wurde kurze zeit danach der schon etwas stagnierende fotomarkt wiederum mit einer flut von fototaschen überschwemmt. Wie praktisch! Meine ausrüstung war inzwischen auf drei kameragehäuse und acht wechselobjektive angewachsen. Die dafür notwendige große fototasche gab es noch nicht. So entschloß ich mich zu einem kompromisskauf. Dies hatte zur folge, daß ich vor jeder reise in einer schlaflosen nacht überlegte, welche fotoobjektive unbedingt in das reisegepäck hinein müssen und welche wehmutsvoll zurückbleiben.

Da bei flugreisen das gewicht des gepäcks limitiert ist, war mein handgepäck meistens schwerer als der aufgegebene koffer. An die ratlosen gesichter des bodenpersonals bei der überprüfung der als handgepäck getarnten fototasche hatte ich mich schon gewöhnt. Eine längere diskussion ergab sich, als diese ansonst sehr netten leute mein etwa fünf kilo schweres und massives stativ nicht als handgepäck akzeptieren wollten.

Mittlerweile gibt es kaum mehr reisende ohne fotoapparat oder videokamera. Die wachsamen augen des sicherheitsdienstes können diese bereits am monitor der gepäckdurchleuchtung identifizieren. Trotzdem war ich nicht verwundert, als bei meinem ersten flug nach hurghada die warnleuchten des durchleuchtungsapparates alarmierend zu blinken begannen. Erschrocken stürzten drei beamte herbei und forderten mich nervös auf, die prall gefüllte fototasche zu öffnen. Ratlos blickten sie auf die zwei orangefarbenen runden behälter.

"Was ist denn das hier?" fragte der neugierige kontrolleur.

Ich erklärte, daß diese gefährlich aussehenden behälter ganz normale elektronenblitze für die unterwasserfotografie sind. Natürlich müssen sie wegen der notwendigen druckfestigkeit unter wasser etwas massiver gebaut sein, und so weiter.

"Machen Sie bitte ein foto!" wurde ich aufgefordert.

 

  Es dauerte gut zehn minuten, als endlich die apparatur, bestehend aus kamera, zwei elektronenblitzgeräten mit je einem doppelt gesichertem batteriefach und zwei blitzkabel mit dichtung und schraubverbindung zusammengebaut war. Beim anschließenden auslösen der kamera blickten die sicherheitsbeamte trotz meiner warnung neugierig auf die blitzgeräte.

Es dauerte gut zwei minuten, bis die ärmsten wieder einigermaßen normal sehen konnten. Unterwasser - blitzgeräte sind eben sehr lichtstark.

"Packen Sie das zeug wieder ein!"

Es war dies das letzte mal, daß ich bei einer gepäckskontrolle belästigt worden bin.

 

 © 2000 e.pokorny