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"Was willst du einmal werden?"
An keinem jungen menschen geht diese quälende frage vorbei.
Die meisten wissen es zwei jahre vor pflichtschulabschluß
auch noch nicht.
Auch ich wurde eines tages aufgefordert, meinen eltern diese
unangenehme frage zu beantworten. |
Zu dieser zeit war ich sehr beschäftigt,
mich mit den verschiedensten abenteurern wie Old Shatterhand,
Tarzan, Perry Rhodan und kapitän Nemo zu identifizieren.
Batman und terminator gab es damals noch nicht.
"Taucher" war meine knappe antwort. |
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Die Reaktion meiner eltern
war ganz normal und natürlich. Meine mutter schlug die hände
über dem kopf zusammen, und vater schimpfte :"Der junge
liest zu viele schundromane!"
Ah, so ist das also, dachte ich. Da interessiert man sich für
überlebensfragen, astrophysik und meeresbiologie und wird
als abenteurer abgestempelt.
"Davon kann doch kein mensch leben und eine familie ernähren!
Und außerdem ist es viel zu gefährlich!"
Das war mir damals eigentlich ziemlich egal.
Gott sei dank hatten meine
eltern zu dieser zeit noch keinen dieser neumodischen flimmerkisten,
welche sehr vereinzelt abends die wohnzimmer wohlhabender bürger
in blauem licht erhellten. So blieb ich vor dem einfluß
noch weitaus gefährlicherer phantasie verschont. Doch mein
entschluß stand fest, zudem noch mein vater manchmal von
seinen erlebnissen als u-boot maschinist während des zweiten
weltkrieges erzählte. Ich war davon derart fasziniert und
beschloß, meine zukunft unter wasser zu verbringen.
Meine eltern machten in ihrer
not das einzig richtige. Sie ergriffen die flucht nach vorne
und schenkten mir zum dreizehnten geburtstag - ein buch. Es war
dies ein spannender und lebensnaher bericht über die unterwasserwelt
im roten meer, geschrieben von Hans Hass. Wir kommen aus dem
meer, hieß der wälzer. In vier tagen hatte ich ihn
ausgelesen. Mir wurde bewußt, daß dieser Hans Hass
ein sehr gescheiter mensch sein mußte und begann nachzudenken.....
Noch heute bin ich meinen eltern dankbar dafür, daß
sie mich mit diesem geschickten manöver in die realität
zurückgeholt hatten. |
Im laufe der nächsten
jahre änderten sich die prioritäten meiner interessen,
und ich begab mich auf die reise nach mödling, um an der
dortigen höheren technischen lehranstalt "inschinör"
zu werden. Dieses falsch geschriebene wort stammt aus meinem
ersten volksschulaufsatz, in dem ich schon damals meinen berufswunsch
bekanntgeben sollte. Doch wer wird schon die phantasie eines
siebenjährigen jungen ernst nehmen? Siegesmund Freud hätte
es sicher getan.
So wurde ich also von der
vergangenheit eingeholt und hatte auf das tauchen ganz vergessen.
Nach dem erfolgreich abgeschlossenen studium und militärdienst
wechselten die prioritäten wieder zu anderen dingen. Man(n)
hat doch das gefühl, während der letzten sechs jahre
internats- und kasernenhaft etwas versäumt zu haben!
"Es wird zeit, Ernst!"
ermahnte mich meine mutter und erinnerte daran, daß ich
mit neunundzwanzig immer noch junggeselle war. Immerhin hatten
damals einige meiner klassenkameraden bereits die erste scheidung
hinter sich.
"Es wird zeit, Ernst!"
sagte bald darauf meine frau Herlinde und erinnerte an die bevorstehende
geburt unseres ersten kindes. Vor der heirat verbrachten wir
eine schöne zeit des kennenlernens und ein anstrengendes
jahr des hausumbaues bei meinen zukünftigen schwiegereltern.
Das darauffolgende jahr war ebenfalls schön und vor allem
ruhig. Mit einunddreißig wurde ich endlich stolzer familienvater.
Zwei jahre darauf gesellte sich zu unserer tochter Birgit ein
sohn Claus. |
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Wir waren also rundum glücklich
und zufrieden und genossen 1987 unseren ersten großen familienurlaub
im damaligen jugoslawien an der istrischen küste. Mein erster
aufenthalt an einem meer lag bereits vierzehn jahre zurück.
Damals an der atlantikküste in marokko konnte ich mich mit
dem dortigen kalten und manchmal verschmutzten wasser nicht anfreunden.
Um so mehr überraschte mich diese saubere, warme adria an
der kroatischen küste.
Ich begann zu schnorcheln.
Es vergingen weitere vier
jahre, in denen wir immer wieder an der kroatischen küste
unsere urlaube verbrachten, immer an einem anderen ort. Inzwischen
konnte ich schon vierzig (!) sekunden unter wasser tauchen. Am
meisten faszinierte mich dabei diese herrliche schwerelosigkeit.
Eines tages stand mein entschluß fest, und ich sagte zu
Herlinde:
"Ich möchte tauchen,
lernen!" |
Nein, meine frau hat keine
hände über dem kopf zusammengeschlagen. Irgendwie ahnte
sie bereits meine gedanken, zudem ich einige zeit vorher entsprechende
literatur kiloweise angeschafft hatte. Auch Herlinde tat in dieser
situation das einzig richtige. Sie schenkte mir zum einundvierzigsten
geburtstag - ein buch. Es war dies wieder ein spannender bericht
- von Hans Hass. Vorstoß in unbekannte meere, hieß
es. In nur zwei tagen las ich es während einer grippeerkrankung
aus.
Nun, deutlicher konnte mich
das schicksal nicht herausfordern, und ich nahm diese aufforderung
an.
Wie meine geschichte weiterging, ist in diesem buche niedergeschrieben.
Allerdings ist ein buch schneller
gelesen als geschrieben! Da ich zeile für zeile selbst schrieb,
war auch entsprechend zeit dafür notwendig. Zeit, welche
ich mehr oder weniger meiner frau und meinen kindern gestohlen
habe.
Ich bin Herlinde sehr dankbar
dafür, daß sie dafür viel verständnis aufgebracht
hat. Birgit, inzwischen dreizehn geworden, kann es kaum erwarten
selbst tauchen zu lernen. Claus tröstete sich in dieser
gestohlenen zeit mit videofilmen. Allerdings fiel mir auf, daß
er während meiner "schöpferischen phase"
wiederholt einen ganz bestimmten film ansah. Es war dies der
film: 20.000 meilen unter dem meer! |